Ich war eine Hure

Sonntag, der 4. 9. 1988, 12 Uhr Mittag.

Heute habe ich angefangen die Vorgeschichte

und nach und nach Anfang und Ende meiner

Zeit als Hure aufzuschreiben.

Die Vorgeschichte!

Samstag war mal wieder so ein harter Tag,

an dem ich erst Morgens um 6 Uhr zu Hause

war. Ich habe mir mal wieder die Hacken ab-

gerannt und dafür nur blöde Sprüche anhören

und mir auf den Hintern klopfen lassen müssen.

Ehrlich gesagt habe ich die Schnauze gestrichen

voll. Vielleicht nehme ich ja doch noch das Ange-

bot an, das mir so ein geschniegelter Typ in der

vorige Woche in dem Lokal, wo ich arbeitete,

gemacht hat.

Es ist eine einfachen Kneipe auf

Sankt Pauli. Ich arbeitete dort als Kellnerin,

fast rund um die Uhr, um mich und mein klei-

nes Mädchen durch zu bringen. Sie sind schon

reichlich derb und frech, die Kerle dort, aber

noch nichts im Vergleich zu meinem späteren

Job.

Sonntag, der 18.9.

88

Vor ein paar Tagen sprach mich also besag-

ter gutaussehender, adrett gekleideter und

höflicher Mann in unserer Kneipe an und

bot mir, da ich ja wohl einen einen ganz

passablen Eindruck auf ihn gemacht haben

musste, einen viel besser bezahlten Job

in seiner Nobelbar an. Kurz gesagt: Ich

war jung und glaubte seinen schönen Wor-

ten vom schnell verdienten Geld für ein

bisschen Anmache und animieren der

Herren. Das glaubte ich damals jedenfalls.

Mehr sollte es ja nicht sein, wurde mir ver-

sprochen.

Kurz entschlossen nahm ich das

Angebot an und nur eine Woche später

stand ich schon in dem Lokal und wartete

auf Gäste.

24.9.88

Die Wahrheit: Nur bedienen und so, das sah

dann nachher alles ganz anders aus. Ich sollte

die Herren zwar zum Bestellen teurer Getränke

animieren, aber von Angraben und Befummeln

und noch mehr, war vorher nicht die Rede.

Doch was sollte ich machen? Zurück konnte ich

nicht und ich brauchte auch dringend das Geld.

Wohnen und Nebenkosten sind halt in Hamburg

sehr, sehr teuer und so machte ich gute Miene

zum bösen Spiel. Ich ging also zu den Tischen

der jeweiligen Herren, natürlich in schöner frei-

zügiger Berufskleidung. Als Taschentuch hätte

der Stoff gerade noch gereicht. Jetzt lächelte

ich sie vielversprechend an und fragte erst

einmal nett, ob ich etwas zu trinken bestellen

dürfe.

Bussi links, Bussi rechts, das war ja

alles noch ganz harmlos. Doch die feinen

Kunden führten fast alle was ganz anderes

im Sc***de und als ich merkte, dass es auf

Prostitution hinaus laufen sollte, widersetz-

te ich mich. Das aber ist mir schlecht be –

kommen.

Zuerst sind mir nur Schläge angedroht worden,

aber als ich dann einfach nicht mehr hingegan-

gen bin, haben sich zwei Mann mit einem Trick

Einlass in meine Wohnung verschafft.

Hier ha-

ben sie mich nach Strich und Faden verprügelt

und anschließend vergewaltigt und mir zu

verstehen gegeben: Wenn ich am nächsten Tag

nicht wieder erscheinen würde, wäre meine

Tochter dran. Sie war doch erst 18 Jahre alt,

das muss man sich einmal vorstellen. Ich zitter-

te am ganzen Körper und mein ganzes Gesicht

war verquollen. Ich konnte einfach nicht anders,

ich musste wieder in die Bar, ob ich wollte oder

nicht.

Meine Kleine wollte ich doch nicht gefähr-

den. Ich machte mich zurecht so gut ich konn-

te und saß am nächsten Abend zitternd und mit

klopfendem Herzen wieder vor der Theke und

wartete auf den ersten Gast, will sagen Freier,

denn darauf lief es ja hinaus.

Sonntag, der 25.9.88

Mein erstes Mal als bezahlte Nutte !

Es dauerte auch garnicht lange, da bekam

ich Zeichen mich an einen bestimmten Tisch

zu einem Herrn zu begeben und ihm Gesell-

schaft zu leisten. Er war ja kein unsympathi-

scher Typ, aber die Vorstellung später mit

ihm Geschlechtsverkehr haben zu müssen,

mich also zu verkaufen, ließ bei mir schon

bald so was wie Brechreiz aufkommen.

Besag-

ter Freier bemerkte wohl meine Zurückhaltung

und Unsicherheit, aber das schien ihn nicht

zu stören, ganz im Gegenteil. Nachdem wir

die erste Flasche Schampus aus hatten, fing

er auch schon langsam an mich zu befummeln.

Ich wäre am liebsten in den Boden versunken,

aber es half alles nichts. Ich wurde ja von

allen Seiten beobachtet wie ich mich anstellen

würde.

Dann drängte er mich in ein sepa –

rates Zimmer dieses edlen Etablissements.

Er ging dann auch gleich zur Sache und begann

sich ganz ungeniert auszuziehen. Ich schätzte

ihn auf etwa fünfzig Jahre. Seine Figur konnte

sich ja noch einigermaßen sehen lassen und

als er bemerkte, dass ich noch zögerte, begann

er auch mich auszuziehen und raunzte mich

an: Was ist denn los mit dir? Jetzt zick hier

mal nicht rum ! Du bist ja schließlich nicht billig

und ich möchte endlich was von meinem Geld

haben.

Jetzt gab es kein Entrinnen mehr. Eh ich mich

versah, hatte er mich auch schon auf`s Bett

geschmissen, meine Beine auseinander ge-

rissen und wollte sich schon auf mich stürzen.

Im letzten Moment gelang es mir noch ihn

von mir zu stoßen. "Du freches Biest" schrie

er da "dir werde ich helfen !" Bevor ich auch

nur die kleinste Abwehrbewegung machen

konnte, hatte er mir schon eine saftige Ohr-

feige verpasst.

Na das fing ja gut an, mein

erstes Mal als Hure. Ich schrie noch: "Ich

wollte doch nur nicht ohne Parie—." "Halt

die Klappe, sonst kriegst du noch ein paar."

Dann ließ ich es einfach über mich ergehen.

Eine Kollegin hatte mir schon vorher empfoh-

len: Denk einfach an eine ganz schöne bunte

Blumenwiese. Stelle dir vor, du schwebst

förmlich darüber hinweg, ganz leicht und

sanft und du wirst sehen, dein Schmerzemp-

finden wird fast völlig ausgeschaltet und du

glaubst am Ende, es wäre alles garnicht dir

passiert.

Ich versuchte es, aber so ganz

wollte es mir nicht gelingen. Ich verspürte

höllische Schmerzen in mir, so als hätte

jemand mit einem glühenden Eisen meinen

Unterleib traktiert. Er war aber auch wie ein

Rammbock in mich eingedrungen, ohne

Rücksicht auf Verluste.

Als er fertig war beschimpfte er mich auch

noch als lahme blöde Kuh, die nur da liege

wie ein Brett und für diese Hausfrauennummer

würde er nur die Hälfte zahlen.

Er nahm mir

einfach den halben Betrag wieder ab und

verschwand wortlos. Ich war fix und fertig

und heulte wie ein Schlosshund. Es war alles

so ekelig und herabwürdigend. Ich glaubte

kaum, dass ich das lange durchstehen würde

und dann wurden mehrere Jahre daraus.

Das ist für einen Außenstehenden kaum zu

verstehen, aber es ist einfach ein unheim-

licher Teufelskreis. Du willst jeden Tag auf-

hören und schaffst es aber aus allerlei Grün-

den dann doch nicht.

Doch ich hatte Glück !

Eines Tages lernte ich dann Gott sei Dank

noch meinen heutigen Ehemann und liebe –

vollen Stiefvater meiner Tochter, die fast

ganz bei der Oma aufgewachsen war,

kennen und lebe heute als ganz normale

Hausfrau und Mutter irgendwo mitten unter

Euch.

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